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Auf ein Wort mit... Ingo Wald

In Duisburg läuft es sportlich grad richtig gut. Die Mannschaft kann die Fans begeistern und die Atmosphäre ist kein Vergleich zum Vorjahr. Mit dem "Dachschaden" treten plötzlich ganz andere Probleme in den Fokus, aber auch die werden gemeinsam zu lösen sein. Wir haben die Gelegenheit genutzt und ein Interview mit Ingo Wald geführt. Was er zu sagen hat, lest ihr hier:

Ingo, das ausgegebene Saisonziel oben mitzuspielen, scheint sich nach den ersten Partien der Saison als durchaus realistisch darzustellen. Wie beurteilst du den Start der Mannschaft in die Spielzeit und wo siehst du unter Umständen noch Handlungsbedarf?

Ich denke, wir sind alle von der Spielweise unserer jungen Mannschaft begeistert. Wir waren uns vor dem Start in die neue Saison relativ sicher, dass diese Mannschaft durch ihre Einstellung, ihren Einsatz und Willen euch Fans zurückgewinnen kann. Dass wir in der frühen Phase der Saison neben den kämpferischen Tugenden auch spielerisch schon so überzeugen konnten, haben wir vielleicht gehofft, durften es aber in der Form nicht erwarten. Von daher sind wir mit dem Start sehr zufrieden. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt aus den Erfahrungen der letzten Saison, bewusst für einen kleinen Kader entschieden. Jede langwierige Verletzung trifft uns dadurch deutlich härter als andere Vereine.

Nach nunmehr sieben gespielten Partien waren insbesondere die gegnerischen Trainer voll des Lobes für den Spielverein. Wie fühlst du dich, nachdem die Kritik am Festhalten an Trainer und Sportdirektor nicht zu überhören war.

Dass es Kritik durch das Festhalten am Trainer und Sportdirektor geben wird, war uns klar. Wir haben nicht umsonst gesagt, dass wir mit diesem Schritt den schwierigeren Weg gehen. Wir haben aber auch den Vorteil, sehr, sehr nah an den handelnden Personen und am Geschehen zu sein. Grundsätzlich war die Kritik in weiten Teilen begründet und nachvollziehbar. Was mich allerdings enttäuscht hat, waren die sehr persönlichen Angriffe gegenüber den Verantwortlichen.

Bei verschiedenen Gelegenheiten wurde in letzter Zeit mit durchaus berechtigter Kritik am Kader der letzten Saison nicht gespart. Wann war für dich klar, dass es einen massiven Umbruch geben muss und wann hast du mit Ivo Grlic und Torsten Lieberknecht die Detailplanung für die Saison 2019/20 begonnen?

Wir haben im Winter bereits zweigleisig geplant und die möglichen Alternativen diskutiert. Selbst wenn wir den Klassenerhalt geschafft hätten, wäre es zu einem größeren Umbruch im Kader gekommen. Allerdings nicht so extrem, wie er letztendlich durch den Abstieg erfolgte.

Das NLZ wurde im Sommer mit drei Sternen vom DFB ausgezeichnet; die höchste Auszeichnung, die im deutschen Fußball für Nachwuchsleistungszentren möglich ist. Wie siehst du die bisherige Entwicklung und was ist konkret für die Zukunft geplant?

Die Auszeichnung unseres NLZ mit drei Sternen durch den DFB macht uns natürlich sehr stolz und ist ein Beleg für die überragende Arbeit, die unsere Mitarbeiter dort mit Uwe Schubert an der Spitze leisten. Wir haben in den vergangenen Jahren dank der Unterstützung regionaler Unternehmen viel in die Infrastruktur und Organisation investiert. Diesen Weg wollen wir konsequent weiter verfolgen. Eine Vision ist dabei die Errichtung eines Internats und die Integration der Geschäftsstelle auf das traditionsreiche Gelände an der Westender Straße – aber wir werden sicherlich nicht anfangen, Luftschlösser zu bauen, sondern weiter den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen.

Die zuletzt sehr gute Finanzpolitik seitens des MSV Vorstandes hat mit dem Abstieg in die 3. Liga einen kräftigen Dämpfer erlitten. Wie lange ist der Verein in der 3. Liga überlebensfähig und gibt es weitere Stellschrauben an denen gedreht werden kann. Konkret: Denkst du, der DFB steht in der Verantwortung, Fernsehgelder gerechter zu verteilen?

Insbesondere nachdem in der Sommerpause eine Statistik veröffentlicht wurde, die belegt, dass bei einigen Bundesligapartien faktisch so wenig Zuschauerinteresse bestand, dass eine Zuschauerzahl nicht messbar war.

Wir haben immer wieder betont, dass wir in der 3.Liga mit einem operativen Ergebnis ohne Berücksichtigung von Sondereffekte bei minus drei bis dreieinhalb Millionen Euro rechnen müssen. Das stehen wir nicht lange durch. Die im Mai stattgefundene „Zebra-Runde“ mit Vertretern aus der Stadt, der Duisburger Wirtschaft und bestehenden Sponsoren stimmt uns aber zuversichtlicher, dieses strukturelle Defizit deutlich verringern zu können. Es ist ein Unterschied in den Gesprächen mit Sponsoren, ob eine Lücke von drei Millionen Euro geschlossen werden muss oder „nur“ von anderthalb Millionen. Die Verteilung der Fernsehgelder wird immer ein Diskussionspunkt bleiben. Dafür sind die Gegensätze in den Interessenslagen der Vereine zu groß.

In der abgelaufenen Saison war der Meidericher Spielverein immens von Auswärtsspielen an Werktagen betroffen. Insgesamt neun Spiele waren extrem fanunfreundlich. Wie ist diesbezüglich deine persönliche Haltung, die du auch in den Gremien vertrittst? Kann der MSV sich als fanfreundlich bezeichnen?

Unser Anspruch ist es, fanfreundlich zu agieren. Leider gelingt es uns nicht immer. Häufig haben wir aber auch nicht die Möglichkeit oder keine Einflussnahme, fanfreundlich zu sein. Gerade bei den Spielansetzungen sind unsere Einflussmöglichkeiten sehr gering. Wir sind bei einigen Entscheidungen ebenso enttäuscht wie die Fans und würden uns über ausgewogenere Entscheidungen freuen.

Zuletzt war es im Gespräch, dass der MSV eine Kooperation mit einem regionalen Verein anstrebt, der eine möglichst hohe Ligenzugehörigkeit vorweist. Gibt es hier Neuigkeiten zu vermelden?

Das Interesse an der Zusammenarbeit mit regionalen höherklassigen Vereinen ist unverändert. Und die Zusammenarbeit soll nicht auf einen Verein begrenzt bleiben. Wir müssen ein Konzept entwickeln, von dem beide Parteien profitieren. Wir werden nur ein tragfähiges und nachhaltiges Konzept aufbauen können, wenn wir eine Win-Win-Situation erreichen.

Im Sommer sollte der erste Abschnitt des Stadiondachs saniert werden. Passiert ist nichts, die Probleme haben sich vielmehr verschlimmert. Im Raum steht eine zweistellige Millionensumme, die für eine Sanierung aufgebracht werden müsste. Ist die Stadionprojektgesellschaft, wie sie zur Zeit aufgestellt ist, in der Lage, das Projekt finanziell zu realisieren?

Die Probleme mit dem Stadiondach sind für alle Beteiligten ärgerlich und unangenehm. Der MSV kann sich auf die Position des Mieters zurückziehen, letztendlich sitzen wir aber mit der Stadionprojektgesellschaft in einem Boot. Wir brauchen eine funktionstüchtige schauinsland-reisen-arena, um die Spiele austragen zu können. Die Gesellschafter der Stadionprojektgesellschaft machen alles, um den Spielbetrieb nicht zu gefährden. Der MSV wird sich finanziell nicht an der Sanierung des Stadions beteiligen können, wir werden aber im Rahmen unserer Möglichkeiten die Stadionprojektgesellschaft unterstützen.

Der Verein vermittelt in den letzten Jahren immer stärker einen soliden Eindruck bezüglich des Fortschritts der Konsolidierung. Insbesonders du stehst für den eingeschlagenen Weg. Wie siehst du die Zukunft der Zebras und was sind deine Wünsche für den Verein?

Nach dem Lizenzentzug standen die Konsolidierung des Vereins und der KGaA als Spielbetriebsgesellschaft im Fokus und haben unsere anderen Ziele wie eine erhöhte Transparenz und Stärkung unseres NLZ überlagert. Wir haben in dieser Zeit das negative Eigenkapital halbieren können, sind aber noch lange nicht am Ziel. Ich kann mir vorstellen, dass mittelfristig eine Voraussetzung für die Lizenzteilung ein positives Eigenkapital sein wird. Darauf sollten wir vorbereitet sein.

#gemeinsam. Unter diesem Motto wollen Verein und Stadt in Zukunft noch enger zusammenrücken. Mit König Pilsener als Trikotsponsor hat sich nun ein langersehnter Wunsch der Fans erfüllt, für dessen Realisierung schauinsland-reisen eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Welche Ideen schlummern in dir oder was würdest du dir wünschen?

Duisburg ist eine tolle Stadt, die es wie ihre Bürger nicht leicht hat - und das trifft auch auf den MSV zu. Das Zusammenspiel zwischen Stadt und Verein kann für alle nur von Vorteil sein. Die bereits erwähnte Zebra-Runde hat gezeigt, wie groß mittlerweile wieder das Vertrauen und der gegenseitige Respekt der handelnden Personen geworden sind. Wir sind als Verein sehr dankbar für den Schulterschluss mit der Stadt und werden alles tun, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.

In der Welt des Profifußballs ist es nicht üblich, auch mal Danke zu sagen. Wie hast du die letzten Wochen rund um Lizensierung, Kaderplanung und Vereinsstrukturen wahrgenommen oder anders gefragt: wie oft hättest du am liebsten alles hingeschmissen?

Hinschmeißen ist für mich keine Option. Das entspricht nicht meiner Mentalität. Wie ich aber vorhin schon gesagt habe, waren einige persönliche Angriffe sehr enttäuschend und verletzend. Das hat Spuren hinterlassen. An der einen oder anderen Stelle hätte ich mich über einen Vertrauensvorschub gefreut. Grundsätzlich haben aber viele - und zwar sehr viele! - uns auch stark unterstützt - und denen fühle ich mich besonders verpflichtet.

Autor: Marcel Eichholz
Datum: 03.09.2019
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